Erinnerung ohne Heldenkult

Auf den Friedhöfen in Münster, Feuerbach oder dem Waldfriedhof und auf weiteren Stuttgar-ter Friedhöfen wird den Soldaten der Welt- und Kolonialkriege und der heutigen Kriege an jedem Volkstrauertag in Inschriften und Zeremonien aufs Neue als „Helden“ gedacht. Helden, das sind all diejenigen, die sich mit ihren Taten erhoben haben aus der großen Mehrheit der Menschen. Soldaten sind unter dieser Perspektive keine Helden. In Kriege zu ziehen, unter Befehl und Gehorsam zu töten, das hat noch nie jemanden zum Helden gemacht. Wenn, dann sind Soldaten immer Opfer verbrecherischer Regime oder ihres eigenen Gewissens, oft sind sie auch Täter oder wie es schon Kurt Tucholsky sagte, Mörder, niemals aber Helden.

Wir aus der Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS finden, dass es Zeit ist, nicht den Sol-daten, sondern den Opfern aus der Zivilbevölkerung zu gedenken. Nach über 100 Jahren seit dem Beginn des Ersten Weltkrieges sind auch in Stuttgart übergroße Denkmäler für Soldaten übrig, aber nicht die Denkmäler der Opfer aus der Bevölkerung überfallener Länder, den Verhungerten, an Kriegskrankheiten Verstorbenen, Deserteuren. Dem Stuttgarter Deserteursdenkmal ist bisher immer noch kein zentraler öffentlicher Platz zugewiesen. Mit dem Hotel Silber gäbe es einen passenden neuen Ort für das Deserteursdenkmal.

An den zentralen Stuttgarter Veranstaltungen nehmen zudem jedes Jahr Veteranen, Bur-schenschaftler, führende Bundeswehrangehörige und US-Kommandeure teil. Denen Raum zu geben, die in unheiliger Tradition das Kriegshandwerk fortsetzen, verhöhnt auch alle Opfer auf Seiten der Soldat_innen, die sich durch falschen Glanz und Glorie verführen ließen. Wir brauchen eine Stuttgarter Erinnerungskultur – ohne Helden.