Scharfe Kritik am Beteiligungsverfahren Opernsanierung

„Mit der Auswahl von 40 Bürger*innen, die ein fragwürdiges Beteiligungsverfahren machen, darf sich die Stadt Stuttgart nicht zufriedengeben“, kritisiert Hannes Rockenbauch, Fraktionssprecher von die FrAKTION LINKE SÖS PIRAT TIERSCHUTZ das geplante Verfahren zur Opernsanierung. „Man kann nicht fünf Jahre planen und erst kurz vor der Entscheidung eine Bürgerbeteiligung machen, wo schon alle Grundsatzfragen vorentschieden sind – das führt das gesamte Verfahren ad absurdum“, so Thomas Adler, Fraktionssprecher der FrAKTION weiter und verweist auf vier Anträge der Fraktionsgemeinschaft SÖS LINKE PluS, die eine frühzeitige Bürgerbeteiligung einforderten.

Seit 2016 bereits vier Anträge zu Grundsatzfragen zur Opernsanierung gestellt
So hieß es etwa in einem Antrag vom November 2017 (Nr. 943/2017): „Wir hegen weiterhin die Befürchtung, dass die Planungen dann bereits so weit fortgeschritten und konkretisiert sind, dass dem Gemeinderat nur noch übrigbleibt, den Beschluss des Verwaltungsrats als Ganzes in unveränderter Form abzustimmen – ohne selbst als Gremium an der Debatte teilgenommen zu haben“. „Heute wissen wir, dass die Befürchtungen berechtigt waren“, kommentiert Stefan Urbat, Stadtrat die FrAKTION, „diese Beteiligung, wie sie jetzt geplant ist, kann am Ergebnis gar nichts mehr ändern – außer dass eine Absolution für etwas erteilt wird, was schon längst in den Hinterzimmern von Stadt und Land beschlossen wurde,“ kritisiert Urbat. „Was soll denn bei einem Verfahren herauskommen, wenn man die Bürger*innen vor die scheinbare Wahl stellt, ob sie für oder gegen Kultur sind?“, fragt Rockenbauch. „Das Verfahren ist sehr knapp angesetzt. Die Zufallsbürger*innen werden mit vielen Referaten konfrontiert, Zeit für die Verarbeitung der vielen Informationen oder gar für vertiefte Diskussionen bleibt nicht. Die sogenannte „Politik des Gehörtwerdens“ verkommt zu einer „Politik des Zuhörens durch die Bürger“. Das ist das Gegenteil echter Beteiligung. Die Stellungnahme des Bürgerforums ist auch nicht bindend, soll aber von den Gremien berücksichtigt werden. Wesentliches Ziel dieser beiden halbtägigen Show-Veranstaltungen ist es, dem potentiellen Widerstand gegen die behauptete Alternativlosigkeit zu der von OB und Land bevorzugten Sanierungsvariante die Legitimation zu entziehen.“, so Rockenbauch weiter.
„Bei dem ganzen Thema Opernsanierung wurden alle Alternativen, wie etwa das Schauspiel als Interim oder das Paketpostamt, mit unüberprüfbaren, teilweise fadenscheinigen Begründungen vom Oberbürgermeister vom Tisch gewischt“, sagt Thomas Adler. Zunächst hieß es, ein Interimsbau am Paketpostamt für 116 Mio. Euro sei „zu teuer“, um einige Monate später Pläne für ein Interim in Höhe von 188 Mio. Euro zu präsentieren. Auch das Argument, dass eine Oper nicht im Parkgelände stehen könne, hatte nicht lange Bestand. Im Siegerentwurf des Rosensteinwettbewerbs ist dort, wo heute das Paketpostamt steht, ein „kultureller Baustein“ vorgesehen.

Bürgerbeteiligung beantragt – OB handelte nicht
Im Mai 2018 beantragte die Fraktionsgemeinschaft eine breit angelegte Bürgerbeteiligung (Nr. 130/2018) – die lapidare Antwort des Oberbürgermeisters war, das Thema im Gemeinderat zu diskutieren: „Dort wären dann auch die Vorschläge zu einer Bürgerbefragung und Bürgerbeteiligung zu diskutieren“ (Antwort des Oberbürgermeisters auf Antrag Nr. 130/2018). „Der Oberbürgermeister ist aber alles schuldig geblieben, was Bürgerbeteiligung von Seiten des Gemeinderats angeht – ein skandalöses Verhalten“, so Rockenbauch weiter.

B14 Wettbewerb spielt offenbar keine Rolle
Weitere Kritik äußert die FrAKTION am Verfahren. Derzeit läuft ein Wettbewerb mit der Vorgabe, den Straßenraum der B14 vor der Oper um die Hälfte zu reduzieren. „Das Ergebnis dieses Wettbewerbs kann gravierende Auswirkungen auf die Oper haben – zumal dort wesentlich mehr Platz für das Kulissengebäude zur Verfügung stehen könnte. Der Gemeinderat hat seine Entscheidung über die Opernsanierung von April in den Juni verschoben, um das Ergebnis des B14-Wettbewerbs einfließen lassen zu können. Es ist absurd, dass die Bürgerbeteiligung für die Opernsanierung davon unberührt bleiben soll“, kritisiert Hannes Rockenbauch und verweist auf die Zeitschiene beider Prozesse: „Eine glaubwürdige Bürgerbeteiligung muss nach dem B14-Wettbewerb und vor der Gemeinderatsentscheidung stattfinden. Und zwar nicht nur über die Variante von OB und Land einerseits und die von „Aufbruch“ andererseits“, fordert Thomas Adler abschließend.