Polizeigewalt bei Mieten-Demonstration muss aufgeklärt werden

Am Samstag, den 6. April 2019 demonstrierten 4000 Menschen gegen explodierende Mieten und Wohnungsnot in der Stuttgarter Innenstadt. Dazu aufgerufen hatte ein breites Bündnis von über 30 Organisationen, Vereinen, Parteien und Verbänden. Nach der Auftaktkundgebung auf dem Schlossplatz zog der Demonstrationszug durch das Bohnen- und Heusteigviertel zur Abschlusskundgebung am Marienplatz.

Während und nach Abschluss der Demonstration kam es wiederholt zu Polizeigewalt gegen Teilnehmer_innen der Demonstration. Zum ersten Zwischenfall kam es in der Heusteigstraße 74. Als einige Teilnehmer_innen kleine Papierzettel an das seit Jahren leerstehende Haus klebten wurden diese von Polizeibeamten ohne Vorwarnung sofort mit Pfefferspray attackiert. „Das friedliche Demonstrant_innen, die Papierausdrucke an die Fassade eines leerstehenden Hauses kleben, aus nächster Nähe mit Pfefferspray attackiert werden, ist unverhältnismäßig und muss dringend aufgeklärt werden“, sagt Thomas Adler, Fraktionssprecher von SÖS LINKE PluS. „Die Verantwortlichkeiten für den Einsatz von Pfefferspray müssen dringend aufgearbeitet werden“, fordert Adler.

Nach Auflösung der Demonstration auf dem Marienplatz kam es zu einem weiteren Zwischenfall. Einige Menschengruppe aus rund 150 Personen lief vom Marienplatz auf der Böblinger Straße Richtung Erwin-Schöttle-Platz und wurde bereits nach wenigen Metern gewaltsam von Polizeikräften gestoppt. Diese bildeten Ketten und verhinderten unter massivem Einsatz von Schlagstock- und Pfefferspray ein Weiterlaufen der Teilnehmenden. Als die Teilnehmenden nach wenigen Minuten zum Abschlusskundgebungsort zurückkehren wollten, wurden diese erneut durch Polizeiketten und sofortigen Pfeffersprayeinsatz daran gehindert.
Dabei kam es zu vielen Verletzten, durch das zum Teil aus nächster Nähe eingesetzte Reizgas. Die Sanitätsgruppe Süd-West e.V. zählte insgesamt 55 Behandlungen, davon 51 Verletzte durch Pfefferspray, 2 chirurgische Verletzungen durch Schlagstockeinsatz und 2 internistische Versorgungen. Auch am Straßenrand und sich auf den Gehsteigen aufhaltende Anwohner_innen und Passant_innen wurden durch das eingesetzte Pfefferspray in Mitleidenschaft gezogen.

Ein Polizeisprecher rechtfertigte gegenüber dem SWR am Montag, den 8. April die Pfefferspray-Attacken damit, “man habe eine drohende Hausbesetzung verhindern wollen, auch mit dem Einsatz von Pfefferspray”. Dazu der Fraktionsvorsitzender Hannes Rockenbauch: „Ein Verdacht, dass es zu einer möglichen Hausbesetzung kommen könnte, ist und kann keine Rechtfertigung sein einen Demonstrationszug von der keine Gewalt und körperliche Eskalation ausgeht wiederholt mit Pfefferspray zu attackierten. Dieser Einsatz war vollkommen unverhältnismäßig und eine Verletzung der körperlichen Unversehrtheit dutzender Menschen.“, so Rockenbauch weiter.

„Das Recht auf Versammlungsfreiheit und spontane Demonstrationen und Versammlungen sind laut Verfassung garantiert und ein demokratisches Grundrecht“, ergänzt Thomas Adler.

Im Verlauf des Abends kam es zu einer symbolischen Besetzung des leerstehenden Hofbräu-Areals in der Böblinger Straße 104. Dort plant der Investor Aldi den Abriss der bestehenden Gebäude und den anschließenden Neubau von 50 Eigentumswohnungen, vier Sozialwohnungen und einer Aldi-Filiale. Die symbolische Besetzung verlief friedlich und wurde nach wenigen Stunden freiwillig beendet.