Soziale Wohnungsversorgung sichern, Spekulation stoppen: Einstieg in sozialen Gemeindewohnungsbau jetzt, um dauerhaft leistbare Mietwohnungen zu schaffen

Bereits seit 2009 haben wir unablässig thematisiert, dass sich der Wohnungsbestand mit niedrigen Mieten besorgniserregend verringert. Ohne Resonanz in Verwaltung und Gemeinderat. Seither verschärft sich die Lage am Wohnungsmarkt insbesondere für Normal- und Geringverdiener, Student_innen, Rentner_innen, besondere Bedarfsgruppen kontinuierlich.

Gleichzeitig sind enorme Steigerungen der Angebots- und Bestandsmieten zu verzeichnen. Die Zahl der Wohnungen mit sozialer Mietpreisbindung sinkt seit Jahren rasant, von 21 900 Sozialwohnungen 1992 auf 14 540 heute, prognostiziert bis 2024 ist ein weiteres Absinken auf 14 051.

Jedes Jahr fallen doppelt so viele Wohnungen aus der sozialen Mietpreisbindung wie neue hinzukommen. Rund 50 Prozent der Stuttgarter Mieterhaushalte – das sind rund 100 000 Haushalte – erfüllen die Einkommensgrenzen für einen Wohnberechtigungsschein und hätten Anspruch auf Sozialwohnungen.

Die Wohnungsvormerkungen überschreiten die 4000-er Marke, mehr als die Hälfte davon sind Not- und Dringlichkeitsfälle – die höchsten Werte seit 1990. Historischen Tiefstand erreichen dagegen die Zahl der Wohnungsvergaben.

Selbst wenn das Programm des Oberbürgermeisters ohne Abstriche umgesetzt würde, verschärft sich die Lage insbesondere für Normal- und Geringverdiener, Student_innen, Rentner, besondere Bedarfsgruppen weiterhin.

Der Wohnungsmarkt wird beherrscht von institutionellen Anlegern und Immobilienunternehmen, die der Renditesteigerung und nicht sozialer Wohnungsversorgung verpflichtet sind.  Daran scheitert der bisherige Weg der Stuttgarter Wohnungspolitik. Das von der Stadt mit dem „Bündnis für Wohnen“ aufgesetzte Subventionsprogramm für die Immobilienwirtschaft mit Renditegarantien und Kaufpreisnachlässen für städtische Grundstücke führt in die Sackgasse: es leistet keinen nachhaltigen Beitrag zur nachhaltigen Schaffung leistbaren Mietwohnraums.

Die ständig beschworene „Durchmischung“ findet nur statt durch Verdrängung von Mieter_innen mit normalen und kleinen Einkommen. Das Deutsche Institut für Urbanistik attestiert Stuttgart zunehmende Mieterverdrängungsprozesse und empfiehlt deshalb einen Richtungswechsel städtischer Politik.

Um soziale Wohnungsversorgung als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge sicherstellen zu können, ist ein radikaler Kurswechsel erforderlich.

Die notwendigen Finanzmittel sind aus Rücklagen, Spezialfonds, Anlagevermögen und/oder Kreditermächtigungen darstellbar.

Wir beantragen deshalb:

Die Stadt Stuttgart setzt künftig den Schwerpunkt ihrer wohnungspolitischen Aktivitäten auf den Einstieg in einen städtischen Gemeindewohnungsbau zur Sicherung von leistbarem Mietwohnraum. Zur Realisierung eines Boden- und Wohnbaufonds sind folgende Einzelmaßnahmen zu beschließen:

  1. Grundstücke und Immobilien der Stadt, ihrer Eigenbetriebe und Beteiligungsgesellschaften, in denen die Stadt Mehrheitsgesellschafter ist, werden grundsätzlich nicht mehr verkauft. Bereits eingeleitete Ausschreibungen und Verkaufsverhandlungen werden, soweit rechtlich zulässig, gestoppt.

Die dafür im DHH eingeplanten Verkaufserlöse werden gestrichen.

  1. Die Stadt gründet einen Kommunalen Boden- und Wohnbaufonds, für den – wie vom Deutschen Institut für Urbanistik (DIFU) empfohlen – sukzessive Flächen und Wohnungsportfolios erworben werden.

Mit dem Boden-und Wohnbaufonds beginnt die Stadt Stuttgart mit dem (Wieder-)Aufbau einer zweiten Säule der kommunalen Wohnraumversorgung nach dem Vorbild der Stadt Wien mit dem Ziel leistbaren Mietwohnraum zur Verfügung  zu stellen.

Für den (Wieder-) Aufbau der 2.Säule kommunaler Wohnraumversorgung sind die erforderlichen Personalkapazitäten  beim Amt für Liegenschaften und Wohnen sowie beim Hochbauamt zu schaffen. Die Verwaltung beziffert den bei einem Investitionsvolumen von 125 Mio€ p.A dafür erforderlichen Personalbedarf. Synergieeffekte mit der SWSG wie beim Bau der Flüchtlingsunterkünfte sind dabei systematisch zu nutzen und zu berücksichtigen.

  1. Die Stadt selbst beginnt mit dem DHH 2018/19 mit dem Bau von städtischen Gemeindewohnungen auf stadteigenen sowie ggf. neu zu erwerbenden Flächen aus der „Zeitstufenliste Wohnen“ bzw. der „Grundstücksliste für den geförderten Wohnungsbau“. Sie bewirtschaftet und vermietet die neu geschaffenen städt. Wohnungen.

Mieterträge aus den geschaffenen Mietwohnungen fließen zurück in den Wohnbau-und Boden-Fonds, um weitere, dauerhaft leistbare Wohnungen zu schaffen.

  1. Der Erwerb (bzw. Überlassung in Erbpacht) von Immobilien und Flächen aus Besitz von Land und Bund sowie von landes- und bundeseigenen Unternehmen ist zu forcieren. Aus den erworbenen Flächen und Immobilien werden weitere städtische Bauprojekte für die Ausweitung des städtischen Gemeindewohnbaus entwickelt und ausgewiesen.
  1. Für den Boden- und Wohnbaufonds sind im DHH 2018/19 p.A. 125 Millionen € einzustellen. Die zur Verfügung gestellten Mittel reichen im DHH für 2000 Wohnungen, die je nach Bebaubarkeit der städtischen Areale und der Aufbaugeschwindigkeit der städtischen Säule der Wohnraumversorgung realisiert werden können.
  2. Die im Doppelhaushalt für Ankäufe eingeplanten Mittel in Höhe von 15 Mio. € pro Jahr werden auf 50 Mio. € pro Jahr erhöht und werden dem Boden- und Wohnbaufonds zugeführt.