Gefahr für Mineralwasserquellen durch den Recyclingpark Neckartal?

Die Fraktionsgemeinschaft SÖS-LINKE-PluS fragt:

  1.  Wie hoch wird die Gefahr einer Verschmutzung der Heilwasserquellen innerhalb und in der Umgebung des Travertin-Steinbruchgeländes durch den Recyclingpark Neckartal von der unteren Naturschutzbehörde/Amt für Umweltschutz eingeschätzt?
  2. Wie wird garantiert, dass trotz der Annahme von wassergefährdenden Stoffen durch die drei Abfallentsorger bzw. Recyclingfirmen auf dem Gelände die strengen Vorgaben der Heilwasserschutzverordnung eingehalten werden?
  3. Welche gesetzlichen Auflagen zum Betreiben des Recyclingparks gelten im speziellen Fall? Welche schriftlich fixierten Auflagen gingen an die zukünftigen Betreiber des Recyclingparks im Hinblick auf die Themen Denkmalschutz, Artenschutz und (Heilwasser-)Schutz?
  4. Kann ausgeschlossen werden, dass durch den Einsatz von schwerem Gerät im Bereich der Anlieferung und Aufbereitung von mineralischen Schüttgütern (Brecher, LKW, Bagger, Radlager) die sich darunter befindenden porösen und weichen Travertinschichten brechen und in Folge dessen die tieferliegenden Heilwasserschichten gefährdet werden?
  5. Um das Staubaufkommen bei der Anlieferung und Aufbereitung der mineralischen Güter zu reduzieren werden Bedüsungssysteme zu deren Befeuchtung installiert. Kann das Besprenkeln dazu führen, dass verschmutztes Oberflächenwasser auch in die Heilwasserschichten eindringt und diese verschmutzt?
  6. Fragen zum geplanten Gleisanschluss, der die Verkehrsbelastung durch LKW-Fahrten zukünftig verringern soll
    6.1 Welche Hemmnisse stehen einer Reaktivierung und Inbetriebnahme des Gleisanschlusses an das Gelände noch im Wege?
    6.2 Ab welchem Zeitpunkt ist die Realisierung und Nutzung des Gleisanschlusses zur Anlieferung und Entsorgung des Abfall-Materials frühestens bzw. spätestens möglich?
    6.3 Wie hoch wird das Verkehrsaufkommen vor und nach der Realisierung des Gleisanschlusses geschätzt, aufgeschlüsselt nach der Art der Verkehrsmittel (LKW,Schiene, Pkw) zur Anlieferung und Abtransport der Abfälle bzw. des Recyclingmaterials?
  7. Wie wird garantiert, dass der Grabungsschutz gewährleistet ist und ein Travertinabbau auch in Zukunft – bei Bedarf – möglicherweise wiederaufgenommen werden kann?

Wir beantragen:

  1.  Die mit dem Vorhaben befassten unteren Behörden zum Natur-/Umweltschutz und zum Denkmalschutz berichten in einer der kommenden UTA-Sitzungen zu den oben aufgeworfenen Fragen.

Begründung:

Ein Konsortium aus drei Firmen plant die Erweiterung eines bestehenden Wertstoffhofs und die Errichtung eines Recyclingparks an der Neckartalstraße in Stuttgart Münster auf dem ehemaligen Lauster-Areal, einem Travertin-Steinbruchgelände. Mitte Mai dieses Jahres wurde von den zukünftigen Betreiberfirmen das Vorhaben im Bezirksbeirat Bad Cannstatt vorgestellt und Ende Juni wurde der UTA mittels Präsentation in Kenntnis gesetzt. Die Genehmigung des Vorhabens obliegt dem Regierungspräsidium. Inzwischen gibt es jedoch Bedenken und berechtigte Fragen seitens der Bürgerschaft und der Anwohner in Bezug auf eine massiv erhöhte LKW-Verkehrsbelastung, der potentiellen Gefährdung der Heilwasserquellen unter und in der Umgebung des Geländes sowie Fragen zum Denkmalschutz.

In der Sitzung des Umwelt-  und Technik-Ausschusses vom 16.5.2017 stellten die Firmenvertreter von Degenkolbe, Fischer und Karle in einer Präsentation ihr Betriebskonzept für den Recyclingpark mit Wertstoffhof an der Neckartalstraße auf dem Gelände des ehemaligen Travertinsteinbruchs vor. Sie zeigten die Standortfaktoren auf und sprachen die daraus resultierenden Herausforderungen an. (Die Vorstellung des Konzepts war im Vorfeld bereits in einer Bezirksbeiratssitzung erfolgt. In der UTA-Sitzung wurde das Thema vorgestellt, er erfolgte keine Beschlussfassung und wurde zurückgestellt.)

Im Wertstoffhof mit Recyclingpark sollen alle Müll- und Abfallarten angenommen werden. Von der Aufbereitung von Papier- und Pappeabfällen sowie Kunststoffen ist auch ein Aufbereitungszentrum für Mineralik vorgesehen. In der Präsentation ist explizit aufgeführt, dass auch eine Annahmestelle für wassergefährdende Stoffe der Deponieklasse DK II (belastete Böden > DKII) geplant ist.

Im Genehmigungsantrag der Firmen an das Regierungspräsidium wird davon ausgegangen, dass jährlich bis zu 668.450 Tonnen Müll aller Art angeliefert werden sollen, davon 55.950 Tonnen gefährliche Abfälle, dies entspricht 215 Tonnen gefährlicher Stoffe am Tag, neben dem sogenannten ungefährlichen Müll (2570 Tonnen pro Tag). Diese Mengen können nicht bewältigte werden mit 100 LKW-Fahrten pro Tag, wie es ursprünglich von den Firmen im Bezirksbeirat angegeben wurde. Dafür wären eher 1000 LKW-Fahrten erforderlich.

Es wurde der Eindruck vermittelt, dass die immissionsschutzrechtlichen Themen hinsichtlich Lärm, Staub, Verkehr, Brandschutz, Artenschutz und der Denkmalschutz mit Grabungsschutz (archälogisch bedeutsame Stätte) gelöst seien. Die Präsentation vermittelte den Eindruck, dass es keinerlei ökologische oder sonstige Bedenken für die Errichtung gäbe. Demgegenüber stehen jedoch eine hohe Verkehrsbelastung von bis zu 1000 LKW-Fahrten pro Werktag und die Gefahr für die Heilwasserquellen in unmittelbarer Umgebung des Geländes. Insbesondere zum Thema der Heilwasserschutzverordnung erfolgten keine Aussagen seitens der Firmenvertreter. Das Travertin-Steinbruchgelände befindet sich an einer der sensibelsten Stellen im Heilquellen-Schutzgebiet, das seit 2002 rechtskräftig als solches deklariert worden ist. An den Austrittstellen der Quellen gibt es keine schützenden Deckschichten über den mineralwasserführenden Gesteinsschichten. Auquelle und Mombachquelle entspringen in unmittelbarer Nähe, die Travertinquelle sogar im Gelände.

Travertin ist ein poröser mit Hohlräumen durchsetzter Kalkstein und gehört zu der Kategorie Weichgestein, er ist in seinem natürlichen Vorkommen leicht zu brechen. Es wird schweres Gerät wie mobile Brecher, Radlager, Bagger und sehr viele schwere LKWs für den An- und Abtransport auf dem Gebiet eingesetzt werden. Wie kann unter diesen Bedingungen sichergestellt werden, dass keine Verunreinigung der wasserführenden Gesteinsschichten erfolgt? Ebenso werden im Bereich der Anlieferung und Aufbereitung von mineralischen Schüttgütern Bedüsungssysteme zur Befeuchtung installiert, um die Emissionen gemäß der TA Luft einhalten zu können. Das Besprenkeln ist zur Staubreduktion erforderlich, erhöht aber potentiell die Gefahr des Einbringens von verschmutztem Oberflächenwasser in die Heilwasserschichten.