Antrag: Luftschadstoffbelastung durch verbindliche Regelungen reduzieren

Antrag:

1. Der Bezirksbeirat Sillenbuch fordert den Stuttgarter Gemeinderat auf, in Abstimmung mit dem Land Baden-Württemberg bei Überschreitung der gesetzlichen Grenzwerte für Stickstoffdioxid und/oder Feinstaub eindeutig geregelte Fahrverbote für Kraftfahrzeuge im gesamten Stadtgebiet einschließlich der Außenbezirke zu erlassen. Das Regierungspräsidium passt den Luftreinhalteplan entsprechend an. Die Verwaltung erarbeitet umgehend ein Konzept zur Ausgestaltung eines Fahrverbots und etwaiger Ausnahmeregelungen. Ziel ist die deutliche Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs zur Einhaltung der rechtlichen Bestimmungen hinsichtlich der Luftreinhaltung.

2. Da in unserem Stadtbezirk durch die deutliche Zunahme der Verkehrsbelastung vor allem auf der Kirchheimer Strasse in den letzten Jahren ein besonderer Handlungsbedarf zur Reduzierung der Schadstoff- und Lärmbelastung besteht, fordert der Bezirksbeirat das Technische Referat und das Referat für Städtebau und Umwelt auf, Massnahmen und Pläne zur Umgestaltung der Verkehrsflächen im Bezirksbeirat vorzustellen, die dazu beitragen, die Luftschadstoffbelastung in den angrenzenden Quartieren dauerhaft zu senken.

3. Die Stadtverwaltung führt mit der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz (LUBW) Gespräche mit dem Ziel, dass weitere Messstellen für Feinstaub und andere Luftschadstoffe wie z.B. Stickstoffdioxid auch in Randbezirken wie Sillenbuch eingerichtet werden, mindestens in Form zeitweiser Messungen durch mobile Messeinrichtungen. Die Messergebnisse werden jeweils umgehend veröffentlicht. Die Stadtklimatologie wird gebeten, in Zusammenarbeit mit der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz (LUBW), zeitnah über die Luftschadstoffbelastung im Bezirk zu berichten.

4. Die Stadtverwaltung wird aufgefordert, in Zusammenarbeit mit dem Verband Region Stuttgart an der städtischen Gemarkungsgrenze und im näheren Umland zusätzliche Park&Ride-Flächen an den ÖPNV- & Schienenhaltepunkten auszuweisen und die Vernetzung der Verkehrsmittel (Intermodalität) weiter voranzubringen.

5. An Fahrverbotstagen wird mittels Verstärkerfahrten, Einsatz von Langzügen bei der Stadtbahn und Taktverdichtungen die Kapazität zur Personenbeförderung mit dem ÖPNV erhöht und dazu der Vorstand der SSB von der Stadtverwaltung mit der Umsetzung beauftragt. Gleichzeitig ist mit dem Land über eine Kostenerstattung zu verhandeln.

6. Der VVS wird gebeten, für Stuttgart und die Region ein Schadstoffticket einzuführen, das an den Fahrscheinautomaten erworben werden kann. Hauptkostenträger für das Ticket ist das Land. Zusätzlich wird der erhöhte Finanzbedarf für diese Massnahme sowie für den unabdingbaren Ausbau des ÖPNV in Stuttgart durch Anhebung des städtischen Zuschusses an die SSB und die Erhebung einer Nahverkehrsabgabe gedeckt.

Begründung:

Die Luftschadstoffsituation in Stuttgart hat sich im Verlauf des vergangenen Jahres deutlich verschlechtert. Die Zahl der Überschreitungstage bei den Feinstaub-, aber insbesondere bei den Stickstoffdioxidwerten ist sprunghaft angestiegen. Auch während des beschönigend als „Feinstaubalarm“ bezeichneten Schadstoffalarms Mitte Januar ist die Belastung mit Luftschadstoffen gestiegen, während die Zahl der KFZ nur um ca. 3% gesunken ist. Der Appell an das freiwillige Umdenken blieb also weitgehend ungehört. Dies ist neben der fehlenden Verpflichtung auch darauf zurückzuführen, dass den KFZ-Nutzer_innen zu wenig lohnenswerte Alternativen z.B. durch P+R-Parkplätze im Umland und günstige ÖPNV-Nutzung angeboten wurden.
Es ist zu erwarten, dass die EU-Kommission das von Land und Stadt aufgelegte Maßnahmenpaket als unzureichend zurückweist und die Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik weiter vorantreiben wird. Erhebliche Strafzahlungen drohen. Der aktuell gültige Luftreinhalteplan ist nicht geeignet, kurzfristig die Luftschadstoffbelastung so zu vermindern, dass die gesetzlichen Grenzwerte eingehalten werden. Ohne sofortige Fahrverbote für den Kfz-Verkehr ist diese andauernde Gesundheitsschädigung nicht auszuräumen. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat daher wegen offensichtlicher Untätigkeit Klage gegen das Land Baden-Württemberg eingereicht. Da die DUH bereits in Hessen und Bayern rechtskräftige Urteile erwirkt hat, ist von einem Erfolg dieser Klage auszugehen. Wir bedauern, dass die Landesregierung den Gesundheitsschutz so gering bewertet und bewährte Maßnahmen, die in vielen europäischen Großstädten zum Einsatz kommen, nicht zur Anwendung bringt.
Da sofortiger Handlungsbedarf besteht, unterstreichen wir mit den oben genannten Forderungen an den Gemeinderat und die Stadtverwaltung die Notwendigkeit, die Menschen in unserem Stadtbezirk vor den erheblichen Gesundheitsgefahren durch Luftschadstoffe zu schützen.

Manfred Riesle, Bezirksbeirat
Irene Kamm, stellv. Bezirksbeirätin