Klinikum als Kommunalanstalt: Mehr Transparenz und Öffentlichkeit

Änderungsantrag zur Anstaltssatzung (Anlage 4a zu GRDrs 551/2018), der nach § 34 Abs. 1 Satz 4 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg spätestens in der übernächsten Sitzung des Gemeinderats (hier: am 6. Dezember 2018) auf die Tagesordnung zu setzen ist. Im Sinne der Beratungsreihenfolge, nach der Anträge zunächst im zuständigen Fachausschuss behandelt werden, um anschließend in den Gemeinderat überwiesen, bitten wir, den Antrag im zuständigen Ausschuss aufzurufen, der am nächsten zur genannten Gemeinderatssitzung liegt. Sollte dies nicht möglich sein, möchten wir von unserem Recht Gebrauch machen und den Antrag in der übernächsten Sitzung im Gemeinderat aufzurufen.

Wir beantragen, folgende Ergänzungen in die Anstaltssatzung (Anlage 4a GRDrs 551/2018) aufzunehmen:

  1. 2 Absatz 2 Satz 2: „Die Kommunalanstalt kann sich im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen an weiteren den Anstaltsaufgaben dienenden Einrichtungen und Unternehmen beteiligen, mit diesen kooperieren oder solche Unternehmen errichten, erwerben, pachten oder veräußern “

wird ergänzt durch:

„sofern bei diesen Unternehmen die Arbeitnehmer_innenrechte in gleichem Maße gewährleistet sind wie in der Kommunalanstalt“.

  1. Aufzunehmen unter 7 der Anstaltssatzung ist folgendes:

„Der Vorstand und der Vorsitzende des Verwaltungsrats berichten einmal im Jahr im Gemeinderat über die strategischen Ziele, die Geschäftspolitik, die Finanz- und Ertragssituation sowie die Chancen und Risiken beim Klinikum. Der Gemeinderat trifft Entscheidungen von strategischer und grundsätzlicher Bedeutung.“

  1. 9 der Anstaltssatzung wird wie folgt ergänzt:

„Die Vertreter_innen des Gemeinderats sind mit den gleichen Rechten und Pflichten hinsichtlich Antrags- Auskunfts- und Informationsrechten ausgestattet wie in einem beschließenden Ausschuss des Gemeinderats“

  1. 10 Absatz 3 wird wie folgt geändert: „Sitzungen des Verwaltungsrats sind unverzüglich abzuhalten, wenn es die Belange der Gesellschaft erfordern oder wenn der Vorsitzende oder ein Viertel der weiteren Mitglieder des Verwaltungsrats oder ein Vorstandsmitglied dies schriftlich unter Angabe des Zwecks und der Gründe verlangen; sie sollen mindestens acht Mal im Geschäftsjahr abgehalten werden. Die Sitzungen des Verwaltungsrats werden vom Vorsitzenden des Verwaltungsrats geleitet.“

 

  1. 11, Abs. 2 ff. der Anstaltssatzung ist entsprechend zu ändern: „Der Gemeinderat entscheidet über Fragen der Entwicklung und Festlegung der Unternehmensstrategie, Zielvorgaben und Finanzplanung. Der Jahresabschluss wird dem Gemeinderat zur Kenntnis vorgelegt.“
  2. Ebenfalls ist in die Systematik des 11 der Anstaltssatzung aufzunehmen:

„Der Gemeinderat hat in wichtigen Angelegenheiten des Klinikums ein Weisungsrecht.“

Änderungsantrag zur Geschäftsordnung des Verwaltungsrats (Anlage 5, zu GRDrs 551/2018)

  • 7 Absatz 1: „Der Verwaltungsrat soll zweimal im Kalenderhalbjahr einberufen werden. Er muss ferner unverzüglich einberufen werden, sooft die Geschäfte es erfordern oder wenn es von einem Vorstandsmitglied, dem Vorsitzenden des Verwaltungsrats oder vier Verwaltungsratsmitgliedern schriftlich unter Angabe der Gründe beantragt wird“

wird ersetzt durch: „Der Verwaltungsrat wird mindestens acht Mal im Jahr einberufen. Er muss ferner unverzüglich einberufen werden, so oft die Geschäfte es erfordern oder wenn es von einem Vorstandsmitglied, dem Vorsitzenden des Verwaltungsrats oder zwei Verwaltungsratsmitgliedern schriftlich unter Angabe der Gründe beantragt wird.“

Zusätzlich fragen wir und bitten nach § 27 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Gemeinderats der Stadt Stuttgart um eine Antwort bis zur übernächsten Sitzung des Gemeinderats:

  1. Welche rechtlichen Möglichkeiten gibt es, dass die Sitzungen des Verwaltungsrats in der Rechtsform Kommunalanstalt öffentlichen Rechts grundsätzlich öffentlich stattfinden (siehe § 102b Abs. 3 Nr. 5 GemO)?
  2. Welche Möglichkeiten sieht die Verwaltung, das in § 102b Abs. 3 Nr. 5 GemO formulierte Prinzip „Die Anstaltssatzung kann vorsehen, dass auch in bestimmten anderen Fällen öffentlich zu verhandeln ist und dass der Gemeinderat den Mitgliedern des Verwaltungsrats auch in bestimmten anderen Fällen Weisungen erteilen kann“, dass der Verwaltungsrat in der Regel öffentlich tagen zu lassen?
  3. Was bedeuten die in 102b Abs. 3 Nr. 5 GemO genannten „bestimmten anderen Fälle“ im Sinne des Öffentlichkeitsprinzips? Welche Voraussetzungen müssen erfüllt werden, damit diese Fälle erfüllt sind?
  4. Bedarf die Gründung oder die Beteiligung an einem privatwirtschaftlichen Unternehmen durch die Kommunalanstalt der Zustimmung des Gemeinderats? (Vgl. §2 Abs. 2 Satz 2 der Anstaltssatzung Anlage 4a zu GRDrs 551/2018)


 

Begründung:

Das Prinzip „öffentliche Angelegenheiten sind öffentlich zu verhandeln“ soll mit der Umwandlung des Eigenbetriebs Klinikum in eine Kommunalanstalt öffentlichen Rechts massiv eingeschränkt werden. SÖS-LINKE-PluS hat u.a. deshalb diese Rechtsformänderung abgelehnt.

Die Kommunalanstalt ist inzwischen beschlossen. Die Anstaltsatzung und Geschäftsordnung des Verwaltungsrats der Kommunalanstalt muss nun so verändert werden, damit auch in der neuen Rechtsform möglichst weitgehend Transparenz, Öffentlichkeit und Arbeitnehmerrechte gesichert werden.

Die Nachteile einer Kommunalanstalt öffentlichen Rechts fasst Prof. Dr. Alfred Katz, ehemals Erster Bürgermeister in Ulm, wie folgt zusammen. „Eine ausreichende und effektive Steuerung der Kommunalanstalt durch die Gemeinde, insbesondere den Gemeinderat, ist folglich nicht ausreichend gesichert. Dies erstaunt auch deshalb, weil mit dem Begriff „Kommunalanstalt“ die enge Bindung an und die Steuerung durch die Gemeinde verdeutlicht werden sollte“.

In der Anstaltssatzung (Anlage 4a zu GRDrs 551/2018) werden der Kommunalanstalt beispielsweise weitreichende Befugnisse für die Gründung, Beteiligung oder Veräußerung von (Sub-) Unternehmen erteilt.

Hier besteht die begründete Befürchtung, dass über solche Tochtergesellschaften, Subunternehmen oder Beteiligungen die Rechte von Arbeitnehmer_innen massiv eingeschränkt werden können, sei es durch Lohndumping oder Tarifflucht. Solche Schlupflöcher zum zumindest potenziellen Nachteil der Beschäftigten sind unter allen Umständen zu unterbinden.

Hier gilt es auch zu klären, ob die Kommunalanstalt das Recht hat, privatwirtschaftlich organisierte Unternehmen zu gründen. Sollte dies der Fall sein, wären die Voraussetzung für eine (Teil-) Privatisierung des Klinikums durch die Hintertüre geschaffen – was SÖS-LINKE-PluS strikt ablehnt.

In der jetzigen Rechtsform tagte der Krankenhausausschuss abzüglich Ferienzeiten i.d.R. monatlich, also acht bis zehn Mal im Jahr. Der Verwaltungsrat der Kommunalanstalt soll planmäßig nur vier Mal im Jahr tagen.

Schon an dieser Reduzierung wird deutlich, dass die Berichtspflichten der Klinikumsleitung reduziert, und der öffentliche Einfluss auf die Qualität der Krankenhausversorgung durch den Gemeinderat entzogen werden soll.

Unter diesen Umständen wird die dringend notwendige politische Kontrolle im Sinne der Transparenz weiter drastisch eingeschränkt. Dies gilt auch für die Öffentlichkeit. In § 102b GemO ist herauszulesen, dass der Verwaltungsrat grundsätzlich nicht-öffentlich, und nur unter bestimmten Bedingungen öffentlich tagt.

Im Sinne des Prinzips „öffentliche Angelegenheiten werden öffentlich verhandelt“ sollte der Gemeinderat beschließen, das Öffentlichkeitsprinzip von Sitzungen des Verwaltungsrats so weitgehend wie irgend möglich zu verankern.