Warum lehnt SÖS LINKE PluS ab, dass aus dem Eigenbetrieb Klinikum eine Kommunalanstalt öffentlichen Rechts gemacht werden soll?

Von Thomas Adler

Die Angelegenheiten des städtischen Klinikums sollen nicht mehr öffentlich, sondern hinter verschlossenen Türen verhandelt werden, geht es nach dem Willen des Krankenhausbürgermeisters Michael Föll. Der frühere privatisierungskritische Zeitgeist
verhinderte, dass 2005 das Klinikum zur GmbH gemacht wurde. Der Slogan der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di „Öffentlich
ist wesentlich“ war ‚common sense‘, an dem weder grüne noch schwarze Privatisierungsfreunde vorbeikamen.

Erst im Jahr 2015 öffnete die Landesregierung der Stadt erneut die Tür, um die Debatte über das kommunale Klinikum und seine Kontrolle hinter verschlossene Türen zu verlegen:es wurde die Möglichkeit geschaffen, kommunale Krankenhäuser in „Kommunalanstalten
öffentlichen Rechts“ zu verwandeln. Die Kommunalanstalt lehnt sich an eine privatwirtschaftliche Organisationsform (GmbH
oder AG) an. In der Kommunalanstalt hätte die Klinikumsleitung noch mehr Entscheidungsfreiheiten als bisher. Das Kontrollgremium hätte noch weniger zu sagen und die „Verwaltungsrat“ genannten Kontrolleur_innen würden einer gesetzlichen Schweigepflicht unterworfen. Man legte ein „Zuckerle“ aus: Das Stuttgarter Klinikum könnte Uniklinikum mit Mediziner-Ausbildung werden. Für die Freunde der Intransparenz auf der Bürgermeisterbank und im Stadtrat schien damit der Dreh
für einen Anlauf zu dieser Rechtsformänderung gefunden: Behauptet wurde, das Uniklinikums-Modell setze eine Änderung der Rechtsform voraus. Eine nicht haltbare Behauptung, denn Klinikum und beleihende Universität müssen lediglich vertraglich regeln, wie die Mitsprache der Universität in Sachen Studentenausbildung gestaltet wird. Dafür muss man nicht „Kommunalanstalt öffentlichen Rechts“ werden und den städtischen Eigenbetrieb abschaffen.

Man muss auch nicht das öffentlich tagende Aufsichtsgremium Krankenhausausschuss des Stadtrats durch einen grundsätzlich nicht öffentlichen Verwaltungsrat mit Verschwiegenheitspflichtseiner Mitglieder ersetzen. Das Kontrollorgan „Verwaltungsrat“ ist der kleine Bruder von privatwirtschaftlichen Aufsichtsräten. Obwohl Stadträte und Gewerkschaft im Verwaltungsrat vertreten sind, bleibt die Öffentlichkeit aufgrund der Schweigepflicht ausgesperrt. Herr Föll behauptet, diese Organisationsform sei „transparenter, professioneller, zukunftsfähiger“, um Fehlentwicklungen und Skandale wie bei der International Unit zu vermeiden. Aber gab es nicht die folgenreichsten „Fehlentwicklungen“ gerade in privaten AGs und GmbHs? Schon mal was vom Finanzmarktcrash gehört, Herr Finanzbürgermeister? Von groß angelegtem Abgasbetrug durch deutsche Autokonzerne? Deren nichtöffentlich tagende Aufsichtsräte sitzen voller sogenannter „Experten“, wie sie Herr Föll im Verwaltungsrat gerne sehen will. Das gesamte  Argumentationsgebäude der Befürworter_innen einer Rechtsformänderung ist hohl und widersprüchlich: Denn wenn – wie Herr Föll suggeriert – die ehrenamtlichen Stadträt_innen im Krankenhausausschuss überfordert wären mit der Aufsicht über das Klinikum, warum sollen sie es dann plötzlich nicht mehr sein, wenn sie künftig – statt im Krankenhausausschuss – im  Verwaltungsrat Entscheidungen fällen? „Externen Sachverstand“ zur Beratung schwieriger Fragen kann man sich genauso gut in den Krankenhausausschuss einladen. Tatsächlich geht es nur um eines: Politische Diskussionen über eine gut ausgestattete
Krankenhausversorgung und die Zukunft des Klinikums sollen künftig nicht mehr eine öffentlich zu verhandelnde Angelegenheit
sein, in die sich auch Bürger_innen und Beschäftigte einmischen können. Fehlentwicklungen sind nicht durch Machtkonzentration
und weniger Kontrollrechte zu verhindern. Im Gegenteil: Sie sind nur mit mehr Informationspflichten für die Geschäftsführer_innen, mehr Kontrollrecht für die Stadträt_innen, mehr Transparenz, mehr Öffentlichkeit einzudämmen. Und die Verwaltungsspitze muss sich verpflichtet fühlen, gewählte, ehrenamtliche Kontrolleur_innen bestmöglich zu informieren. Statt sie – wie bisher – nur zu informieren, wenn es den eigenen Interessen dient. Die grün-schwarzen Krankenhausbürgermeister Werner Wölfle und Michael Föllwaren selber Teil des Nicht-Wissen-Wollens und des organisierten Wegschauens bei der International Unit. Solange der Rubel arabischer Privatpatienten rollte, wurde jede Skepsis an diesem Geschäftsmodell weggewischt. Sie haben so das  Vertuschungssystem um die International Unit ermöglicht. Sie müssen lernen, dass die öffentliche Verhandlung öffentlicher Angelegenheiten ein Lebenselixier der Demokratie ist. Die geplante Rechtsform-Änderung soll ihnen jedoch ermöglichen, weiterzumachen wie bisher. Das lehnen SÖS LINKE PluS ab. Denn öffentlich ist wesentlich – erst Recht, wenn es um die  medizinische Versorgung geht!