Ökologische und finanziellen Risiken durch den Bau des “Nesenbachdüker” abwenden

Die Deutsche Bahn hat am 8. Juni im Mittleren Schloßgarten in unmittelbarer Nähe des Planetariums mit den Bauarbeiten für den Nesenbach-Düker begonnen. Der Bau des Dükers Abwassersammler „Cannstatter Straße“ ist von der SES Stadtentwässerung Stuttgart bereits seit November letzten Jahres im Gange.

Das gigantische unterirdische Trogbauwerk für die geplante „Tiefbahnsteighalle Stuttgart21“ soll die ganze Talsenke zwischen Kriegsberg und Uhlandshöhe queren; damit zerschneidet es sämtliche Haupt-Abwasserkanäle der Innenstadt. Diese müssen dazu sehr aufwendig und mit hohen Kosten umgelegt und als Düker unter dem Bauwerkstrog hindurchgeführt werden. Es handelt sich dabei um folgende Haupt-Abwasserkanäle:

– Hauptsammler „West“, Sonderprofil 4,50/2,80 m übergehend auf Rohr 3,70 m Ø
– Abwassersammler „Lautenschlagerstraße“, Rohr 900 mm Ø übergehend auf 1.000 mm Ø
– Abwassersammler „Cannstatter Straße“, Sonderprofil 2,08 m x 2.05 m
– Nesenbach-Kanal, Rechteckkanal 7,00×3,60m, übergehend auf Gewölbekanal 5,20/4,40m
– Abwassersammler „Konrad-Adenauer-Straße“, Rohr 1.500 mm Ø

Wir bitten die Stadtverwaltung um Antwort auf folgende Fragen:

  1. Wie hoch sind die veranschlagten Baukosten für den Düker? Wird sich die Stadt Stuttgart an diesen Kosten beteiligen? Falls ja, in welcher Höhe? Sind dafür Haushaltsmittel bereitgestellt?
  2. Wenn der Bau der S-21-bedingten Düker Aufgabe der Bahn ist, warum führt die Stadt Stuttgart durch die SES den Bau des Dükers Abwassersammler „Cannstatter Straße“ durch?
  3. Um wieviel wird sich die Abflußleistung der Abwasserkanäle durch die vorgesehenen Düker mit ihren druckverlust-erhöhenden Umlenkungen und Querschnittsänderungen verringern? Wie erhöhen sich dadurch die Rückstauhöhen im Abwassernetz?
  4. Wie will die Stadt einer durch die eingefügten Düker vergrößerten Überflutungsgefahr für die Innenstadt bei einem Starkregen-Ereignis wie zuletzt am 15.8.1972 begegnen? Wegen des Klimawandels muß zukünftig mit einem gehäuften Auftreten solcher Starkregen gerechnet werden.
  5. Das Tiefbauamt hatte auf Nachfrage besorgter Bürger angegeben, daß jeweils die „Mittelwasser-Röhre“ und die „Hochwasser-Röhre“ der einzelnen Düker nach jedem Regen wieder leergepumpt und gereinigt werden müßten. Wie sollen diese Reinigungen vonstatten gehen? Für die vom Tiefbauamt angegebenen „automatischen Spülungen“ sind keinerlei dafür geeignete Einrichtungen aus den Plänen ersichtlich.
  6. Das Tiefbauamt hat weiterhin angegebenen, daß nicht mit Wasser aus dem städtischen Versorgungsnetz, sondern mit „Abwasser“ gespült werden solle. Das ist näher zu erläutern, wie das vor sich gehen soll, das stark verschmutze und fäkalienhaltige Abwasser zur Reinigung einzusetzen. Im übrigen sind auch dafür keinerlei geeignete Vorkehrungen in den vorliegenden Plänen enthalten, z.B. Spülkammern zum Anstau einer hinreichenden Spülwassermenge von mehreren hundert Kubikmetern zum schnellen Ablassen.
  7. Im Gegensatz zu den bislang gerade durchlaufenden Abwasser-Kanälen, die selbstreinigend sind und folglich keinen Reinigungsaufwand erfordern, müssen die S-21-Düker, wie vom Tiefbauamt auch eingeräumt, regelmäßig leergepumpt und gereinigt werden. Mit welchem zusätzlichen Personalaufwand hierfür rechnet das Tiefbauamt? Welche zusätzlichen Personalkosten entstehen dadurch jährlich als Folgekosten des S-21-Vorhabens?
  8. Mit welchen weiteren Folgekosten des S-21-Vorhabens darüber hinaus muß die Stadt Stuttgart alljährlich für Wartung, Instandhaltung und Instandsetzung der S-21-Düker rechnen?
  9. Welche weiteren finanziellen Belastungen durch Abschreibung und Rücklagenbildung für eine spätere Erneuerung der S-21-Düker als Folgekosten des S-21-Vorhabens kommen auf die Stadt zu?
  10. Das gesamte Abwassernetz der Stadt Stuttgart wurde 2002 in einem Cross-Border-Leasing-Geschäft (CBL-Vertrag) an die John Hancock Life Assurance Ltd. In Boston/USA Übertragen. Hat der US-Investor diesen Veränderungen an den Abwasserkanälen zugestimmt? Falls nicht, wie wollen OB und Stadtverwaltung mögliche Schadensersatzforderungen des US-Investors – in mehrstelliger Millionenhöhe – wegen Vertragsverletzung von der Stadt abwenden?

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